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Konkurrenz für Wildbienen durch Honigbienen?

Expertinnen und Experten diskutierten Stand der Forschung auf dem Solitärbienentag in Celle

Honig- und Wildbiene an violetter Blüte

Am 24. Januar 2025 fand im Rahmen der Celler Imkertage erstmalig ein

Wildbienen-Symposium statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund. In Vorträgen von Dr. Melanie von Orlow (NABU Berlin), Florian Lauer (WWF) und Dr. Otto Boecking (Institut für Bienenkunde Celle) wurde aus verschiedenen Blickwinkeln die Frage beleuchtet, ob es eine Nahrungskonkurrenz zwischen Wildbienen und Honigbienen gibt. Denise Bertleff (Universität Würzburg) vom Beenovation-Projekt FarmerBeeWild stellte außerdem Ergebnisse zu Maßnahmen zur Förderung von Bestäubern in der Agrarlandschaft vor.

Die vorgetragenen Aspekte wurden anschließend in einer Podiumsdiskussion mit den ExpertInnen vertieft.


Dr. Melanie von Orlow präsentierte zunächst die eindrucksvolle Diversität sowie die verschiedenen Lebensweisen der Wildbienen. Zudem stellte sie einige wissenschaftliche Publikationen vor, die zeigten, dass die gemeinsame Bestäubung von Wild- und Honigbienen bei vielen Kulturpflanzen die Befruchtung optimiert und den Fruchtertrag deutlich verbessert. Die häufige Behauptung, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Wildbienen durch Honigbienen in ihren Lebensräumen verdrängt und bedroht werden, kann aufgrund eines Mangels aussagekräftiger Studien nicht bestätigt werden. Bisherige Forschungsergebnisse weisen auf mögliche Konkurrenzsituationen unter bestimmten Umständen hin, können aber nicht ohne weiteres verallgemeinert werden.


Auch am Beispiel der Heideimkerei zeigte Dr. Boecking, dass die Studienlage zur Konkurrenz zwischen Wild- und Honigbienen nicht eindeutig ist und es keine pauschalen negativen Auswirkungen von Honigbienen auf Wildbienen gibt. Die Ursachen für den Rückgang der Wildbienen liegt vor allem am Rückgang der Lebensräume und damit im Verlust von Nahrungsressourcen und Nistplätzen. Studien, die in der Heide durchgeführt wurden, ließen sich auch nicht ohne weiteres auf andere Schutzgebiete übertragen. Er sieht derzeit keine Notwendigkeit, Bienenvölker durch behördliche Anordnungen pauschal aus Naturschutzgebieten zu verbannen, empfiehlt aber den ImkerInnen aus Rücksicht, in Gebieten mit besonders gefährdeten Wildbienenarten keine Bienenstöcke aufzustellen. Aus seiner Sicht wird die Diskussion zwischen Imkerei und Naturschutz emotional und nicht auf wissenschaftlicher Basis geführt.


Florian Lauer, Projektleiter des WWF im Projekt BROMMI, betonte, dass Wildbienen besonders von heimischen Pflanzen wie Natternkopf, Glockenblume oder Flockenblume profitieren, die in Gärten oder an Wegrändern ausgesät werden können. Zudem nisten dreiviertel aller Wildbienenarten im Boden und brauchen entsprechende offene Flächen, um ihre Nester anzulegen.


Dazu stellte Denise Bertleff einige Maßnahmen aus dem Projekt FarmerBeeWild vor, die nicht nur auf landwirtschaftlich genutzten Flächen umgesetzt werden können. Die Wissenschaftlerinnen konnten zeigen, dass Wildbienen einerseits von einem reichen Blütenangebot profitieren, andererseits aber auch von der Landschaftszusammensetzung beeinflusst werden. So könnten besonders Hummeln von mehr ökologischer Landwirtschaft profitieren. Allerdings sind andere Wildbienenarten in der Agrarlandschaft auch auf das Vorhandensein natürlicher Lebensräume wie Magerrasen, Hecken oder mehrjährige Blühstreifen angewiesen, da sie solche Lebensräume neben vielfältigen Nahrungsressourcen auch zum Nisten benötigen. Im Projekt konnte gezeigt werden, dass bereits einfache Offenbodenstrukturen von bodenbrütenden Bienen zum Nisten angenommen wurden. Aber auch Wespen siedelten sich dort an, die wichtige Funktionen zur Schädlingskontrolle übernehmen.


In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden erneut die verschiedenen Perspektiven diskutiert und auch einige Berufsimker kamen zu Wort. Viele erklärten, dass sie von den aktuellen Regelungen frustriert seien. Einerseits möchten sie nicht auf den beliebten Heidehonig verzichten, andererseits geht es auch um das positive Image des Imkers und der Honigbienen. Einige waren der Meinung, dass die Aufstellung von Honigbienenvölkern in Naturschutzgebieten nicht verboten werden sollte, solange eine Konkurrenz nicht einwandfrei bewiesen sei. Aktuell kann die Studienlage eine Konkurrenz jedoch weder eindeutig beweisen noch widerlegen. Die Referentinnen und Referenten betonten, dass dies vor Allem darin begründet sei, dass mehrere Generationen an Wildbienen untersucht werden müssten, um eine Konkurrenz auf die Populationsentwicklung zu zeigen. Jedoch wurden solche Langzeitstudien bisher kaum durgeführt, sodass es noch viele offene Fragen gibt.


Auch wenn die Antwort auf die Frage der Konkurrenz final ungeklärt blieb, wurde durch die Veranstaltung eine Plattform geschaffen, auf der sich Praxis, Wissenschaft, Naturschutz und Politik informieren und austauschen konnten, um ein besseres Verständnis der unterschiedlichen Positionen zu bekommen und um eine Grundlage für gemeinsame Lösungen zu schaffen.




 


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