Was kostet der Verlust von Bestäuberinsekten?
Die Allianz Research hat am 28.02.2023 eine neue Studie zu den wirtschaftlichen Folgen des Verlustes von Biodiversität, insbesondere dem Verlust von Bestäuberinsekten, herausgebracht.
55 Prozent der weltweiten Wirtschaft sind auf biologische Vielfalt und deren Ökosystemleistungen angewiesen. Diese Ökosystemleistungen (Nährstoffe, Bestäubung, Krankheitsvorbeugung, Schutz vor Naturkatastrophen usw.) sind nur schwer quantifizierbar. Schätzungen gehen von einem monetären Gegenwert von bis zu 140 Billionen USD aus, was dem 1,5-fachen des globalen BIP entspricht. Viele Leistungen, wie die Bestäubungsleistung, werden meistens als selbstverständlich und kostenlos wahrgenommen und der negative Einfluss von zerstörten Ökosystemen wird erst deutlich, wenn z.B. die Bestäuberinsekten nicht mehr da sind und dies Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion in der Landwirtschaft hat. In den vergangenen Jahrzehnten sind natürliche Ökosysteme um 47 Prozent zurückgegangen und Schätzungen gehen davon aus, dass das Wiederherstellen der Biodiversität bis zum Jahr 2030 jährlich ungefähr 711 Milliarden USD kosten würde, Stand 2019 aber nur 143 Milliarden USD investiert wurden.
Die ökonomische Bewertung von Ökosystemleistungen ist eine große Herausforderung, da in einer globalen Marktwirtschaft viele Systeme miteinander vernetzt sind und der Verlust sowie Wert von Biodiversität lokal sehr unterschiedlich ausfallen kann. Im Gegensatz zu bisherigen Studien hat die Allianz Research Studie versucht, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Verlustes von Biodiversität auf die Portfolios des Finanzsektors auf Länder- und Sektorebene zu ermitteln. In der Studie wurden dabei besonders die potenziellen Auswirkungen des Verlustes von Bestäubungsleistung in Westeuropa und den USA auf verschiedene Wirtschaftssektoren ermittelt. Weltweit sind 75 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Pflanzen wie Früchte, Nüsse, Kaffee oder Kakao auf die Bestäubung angewiesen.
Der Einfluss der Bestäubung für einige Pflanzen ist in der untenstehenden Abbildung dargestellt.
In der Studie der Allianz Research wurden zwei Szenarien miteinander verglichen. Im Szenario 1 sind die potenziellen Auswirkungen bei einem Verlust von 20 Prozent der Bestäuberleistung dargestellt und in Szenario 2 wurde ein Verlust von 100 Prozent der Bestäuberleistung angenommen. In Deutschland würde die landwirtschaftliche Produktion in Szenario 1 um ca. 500 Millionen USD (ca. -0,75 Prozent) und im Szenario 2 um ca. 2 Milliarden USD (ca. -3 Prozent) zurückgehen. Der Einfluss auf die gesamte Wirtschaftsleistung wäre etwas geringer (BIP). So würde das BIP in Szenario 1 um 0,02 Prozent und in Szenario 2 um 0,09 Prozent sinken. Der nur leichte Rückgang liegt vor allem daran, dass wirtschaftlich die Verluste in der Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung und Gastronomie durch eine Zunahme in der industriellen Produktion ausgeglichen werden. In anderen Ländern (z.B. USA, Belgien, Italien, Portugal und Spanien), welche durch den Anbau von Äpfeln, Birnen und Nüssen viel stärker auf die Bestäubung angewiesen sind, ist der Einfluss in beiden Szenarien deutlich stärker und kann auch durch andere Wirtschaftsleitungen nicht ausreichend stark kompensiert werden.
Die Studie der Allianz Research zeigt einen weiteren Aspekt auf: welchen Einfluss der Verlust von Biodiversität auf die Wirtschaft in verschiedenen Ländern haben könnte. Die Schätzungen basieren jedoch, wie in vielen anderen Studien, auf Modellen, die komplexe Zusammenhänge vereinfacht darstellen. Trotzdem wird deutlich, dass in vielen Ländern die Vielfalt der Natur für wirtschaftliche Produkte, welche eine höhere Wertschöpfung haben, geopfert werden. Auch wenn der Preis für Biodiversität nur sehr schwer zu beziffern ist, zeigen alle bisherigen Studien, dass der Verlust der Biodiversität langfristig richtig teuer wird. Wir müssen uns insgesamt als Gesellschaft fragen, welchen Wert die Biodiversität hat und was wir bereit sind für den Erhalt der Biodiversität zu zahlen. Das Zitat: „Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen“, welches Albert Einstein zugeschrieben wird, stimmt in dieser drastischen Formulierung nicht. Die Menschen würden nicht aussterben, aber die Vielfalt in der Ernährung würde deutlich zurückgehen, weil viele Nahrungsmittel ohne Bestäubung gar nicht oder deutlich weniger zur Verfügung stehen würden. Allgemein würde die Lebensqualität ohne Bestäuberinsekten deutlich abnehmen. Daher braucht es innovative Ideen und persönliches Engagement, damit wir gemeinsam den Verlust der Biodiversität stoppen können.
Die gesamte Studie der Allianz Research finden Sie hier.